Häufig wird an uns die Frage herangetragen, ob man im Rahmen einer Privatinsolvenz auch eine selbständige Tätigkeit aufnehmen und betreiben kann. Dies steht oftmals auch vor dem Hintergrund, dass der Insolvenzschuldner früher auch schon selbständig tätig war und/oder aufgrund fortgerückten Lebensalters keine feste Anstellung auf dem regulären Arbeitsmarkt mehr findet.

 Bei der Beantwortung dieser Frage muss man zwischen den verschiedenen Verfahrensabschnitten bei einer Privatinsolvenz unterscheiden.

 Während des laufenden Insolvenzverfahrens ist die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters praktisch undenkbar, da dieses das „Unternehmen“ aus der Insolvenzmasse freigeben muss. Denn mangels Freigabe würde sämtlicher „Neuerwerb“ aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse zählen und dem Beschlag des Insolvenzverwalters unterliegen.

 In der an das Insolvenzverfahren anschließenden Wohlverhaltensperiode hat der Treuhänder keinerlei Mitspracherecht mehr in der Frage, ob der Schuldner eine selbständige Tätigkeit oder eine unselbständige Tätigkeit ausübt). Das heißt, in der Wohlverhaltensperiode hat der Schuldner die freie Wahl, eine selbständige Tätigkeit auszuüben oder eine Anstellung anzunehmen.

 Der Schuldner, der eine selbständige Tätigkeit ausübt, muss allerdings seine Gläubiger durch regelmäßige Zahlungen an den Treuhänder so stellen, als wäre er ein angemessenes Anstellungsverhältnis eingegangen.

 Daraus folgt, dass der Schuldner die Restschuldbefreiung genauso erlangen kann, wenn er während der Laufzeit der Abtretungserklärung eine selbständige Tätigkeit ausübt indem er zB. ein Gewerbe anmeldet und betreibt.

 

Nach § 295 Abs. 2 InsO trifft einen selbständig tätigen Insolvenzschuldner die Pflicht, an den Treuhänder den Betrag abzuführen, den er als pfändbaren Einkommensanteil erzielen würde, wenn er einer angemessenen abhängigen Beschäftigung nachginge.

In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17.01.2013, Az. IX ZB)wurde die Festlegung getroffen, dass es den Insolvenzschuldner bei einem Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nicht entlastet, wenn er weder vom Insolvenzgericht noch vom Treuhänder darauf hingewiesen wurde, dass der von ihm abgeführte Betrag nicht dem pfändbaren Einkommen eines vergleichbar abhängig Beschäftigten entspreche. Es ist also alleine Sache des Insolvenzschuldners, den abzuführenden Betrag zu ermitteln. Fehleinschätzungen hierbei gehen voll zu seinen Lasten.

Auch entlastet es den Insolvenzschuldner nicht, wenn er aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht das Einkommen erzielt, dass erforderlich wäre, um die entsprechenden Beträge abführen zu können.

Der Schuldner, der während der Wohlverhaltensphase selbständig tätig ist, anstatt einer abhängigen Beschäftigung nachzugehen, geht also ein deutlich höheres Risiko ein, wegen zu geringer an den Treuhänder abgeführter Beträge einem Versagungsantrag ausgesetzt zu sein als ein angestellt tätiger Schuldner.

Weiteres Problem ist, das Gläubiger nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit ihren Erwägungen, ob der vom Schuldner abgeführte Betrag ausreichend sei oder nicht, bis zum Abschluss der Wohlverhaltensphase abwarten können und außerdem für die Glaubhaftmachung der Behauptung, es seien zu geringe Beträge abgeführt worden, relativ pauschale Angaben, ggf. auch frühere Angaben des Schuldners hierzu, ausreichend sein können.

Das alles sollte für den Schuldner Anlass sein, die Höhe eines aus einer angemessenen Beschäftigung erzielbaren Einkommens zurückhaltend zu bewerten, soweit er hierzu überhaupt Angaben macht.

Denn solche (früheren) Angaben können sich im Rahmen eines späteren Verfahrens zur Versagung der Restschuldbefreiung praktisch ausschließlich negativ auswirken.

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